Friedrich Hölderlin: Turm in Tübingen

Dichter des Monats: Friedrich Hölderlin (1770–1843)

Heute vor 250 Jahren wurde Friedrich Hölderlin geboren. Der Lyriker, Philosoph und Romanautor hinterließ nach 73 Lebensjahrenein Werk voller Lücken und unabgeschlossener Projekte. Er lebte lange Zeit zurückgezogen in einem Turmhaus am Neckar. Aber er ist vielleicht deshalb heute umso bekannter.


Friedrich Hölderlin: Steckbrief

Geburtstag: 20. März 1770 (Lauffen am Neckar)

Todestag: 7. Juni 1843 (Tübingen)

Epoche: zwischen Weimarer Klassik und Romantik, „literarischer Außenseiter“

Wichtige Werke: Hyperion (Briefroman), Der Tod des Empedokles (Dramenfragment), Hälfte des Lebens, Andenken, Friedensfeier, An die Parzen, Mnemosyne (Gedichte)


Werkbeispiel

An die Parzen ist ein formvollendetes, an die griechische Odendichtung erinnerndes, reimloses Gedicht. Es hat drei Strophen mit je vier Versen. Hölderlin ruft in ihnen die – dem anderen großen antiken Sagenkreis zugehörigen – römischen Parzen an. Sie sind Schicksalsgöttinnen. Ihnen klagt er sein kurzes Leben („Einen Sommer“). Aber dabei schöpft er zugleich Mut aus seinem Dichterberuf. Das Symbol dafür ist das Gedicht in der zweiten Strophe, das „gelungen“ ist. Aufgrund dieses Erfolgs kann der Sprecher den Tod in den letzten vier Versen annehmen. Daher ist An die Parzen am Ende ein Text, im dem mit Leben und Tod zugleich Frieden gefunden wird. Das Gedicht unterstreicht diese abgeschlossene inhaltliche Entwicklung mit seiner rhythmisch gemeißelten Form auch formal.

An die Parzen

Nur Einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen!
    Und einen Herbst zu reifem Gesange mir,
        Daß williger mein Herz, vom süßen
            Spiele gesättiget, dann mir sterbe.

Die Seele, der im Leben ihr göttlich Recht
    Nicht ward, sie ruht auch drunten im Orkus nicht;
        Doch ist mir einst das Heil’ge, das am
            Herzen mir liegt, das Gedicht gelungen,

Willkommen dann, o Stille der Schattenwelt!
    Zufrieden bin ich, wenn auch mein Saitenspiel
        Mich nicht hinab geleitet; Einmal
            Lebt ich, wie Götter, und mehr bedarfs nicht.


Web-Tipp zu Hölderlin

Zum unvollendeten Briefroman Hyperion von Friedrich Hölderlin gibt es auf Michael Sommers YouTube-Kanal eine kurzweilige und enorm unterhaltsame Kurzeinleitung:

Foto: Hölderlinturm (Tübingen)

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