Dichter des Monats: Clemens Brentano (1778–1842)

Clemens Brentano ist der Dichter des Monats Juli. Poesi erinnert mit einer kompakten Einführung in sein Werk an seinen Todestag.

Vor 178 Jahren, am 28. Juli 1842 starb mit Clemens Brentano einer der wichtigsten Lyriker der deutschen Romantik. Er war Anfang des 19. Jahrhunderts mit anderen Schriftstellern der Epoche befreundet, darunter Achim von Arnim, mit dem er gemeinsam die dreibändige Volksliedsammlung Des Knaben Wunderhorn herausgab.

Brentano heiratete Sophie Mereau, die als Sophie Mereau-Brentano wenige Jahre später, 1806, bei einer Kindsgeburt starb. Poesi hat ihr Werk bereits mit einer Gedichtinterpretation bedacht.

Brentano: Ein Dichter des Nachruhms

Wenige Texte Brentanos wurden während seines Lebens publiziert. 1801 erschien sein Roman Godwi, der eine Fortsetzung erhalten sollte. Sie blieb unvollendet, beinhaltet jedoch das vielleicht berühmteste Gedicht des Lyrikers, die Lore Lay. Ebenfalls unvollendet blieb ein Epos, die Romanzen vom Rosenkranz – und zudem sind viele einzelne, nicht gesammelte Gedichte hinterlassen worden. Eines von ihnen schauen wir uns unten genauer an.


Steckbrief: Clemens Brentano

Geburtstag: 9. September 1778 (Ehrenbreitstein/Koblenz)

Todestag: 28. Juli 1842 (Aschaffenburg)

Epoche: Romantik

Wichtige Werke: Lore Lay, Godwi (Roman, 1801), Des Knaben Wunderhorn (Volksliedsammlung, mit Achim von Arnim, 1806/08), diverse Märchen


Werkbeispiel

Das wichtigste Element von Der Spinnerin Nachtlied ist sein sich wiederholender, zyklischer Rhythmus. Er entsteht durch die regelmäßige Verwendung bestimmter Stilmittel: Nicht nur sind die Kadenzen und Enden der umarmenden Reime immer wieder dieselben, es gibt mit denselben Klängen auch Binnenreime. Weil sich die typischen romantischen Themen wie der Mondschein und das melancholische Singen der Nachtigall ebenfalls wiederholen, entsteht ein fast monotoner Ablauf.

Dies spiegelt die Arbeit der titelgebenden Spinnerin wieder. Sie webt am Webstuhl mit dauerhaft gleichen Arbeitsschritten. Genauso immergleich muss sie emotional an eine vergangene Liebe, ein vergangenes Zusammensein denken. Der geliebte Mensch ist vermutlich tot, zumindest fortgegangene: „Nun mahnet mich ihr Schall / Daß du von mir gefahren“ (Vv 11–12). Dass sie „[d]en Faden klar und rein“ (V. 7) spinnen wird „[s]o lang der Mond wird scheinen“ (V. 8) deutet darauf hin, dass sie diesem verlorenen Glück ihr Leben lang nachtrauern wird.

Etwas Trost findet sie in den zweiten drei Strophen des Gedichts im Glauben. Sie hofft, dass Gott sie „vereinen“ (V. 16 und auch V. 21) wird. Aber weil dies nicht sofort passieren wird, endet der Text dennoch nicht mit einer positiven Aussage. Vielmehr imitiert die Spinnerin das klagende Lied der Nachtigall aus der ersten Strophe: „Ich sing’ und möchte weinen!“ (V. 24)


Clemens Brentano: Der Spinnerin Nachtlied

Es sang vor langen Jahren
Wohl auch die Nachtigall
Das war wohl süßer Schall
Da wir zusammen waren.

Ich sing’ und kann nicht weinen
Und spinne so allein
Den Faden klar und rein
So lang der Mond wird scheinen

Da wir zusammen waren
Da sang die Nachtigall
Nun mahnet mich ihr Schall
Daß du von mir gefahren.

So oft der Mond mag scheinen
Denk’ ich wohl dein allein
Mein Herz ist klar und rein,
Gott wolle uns vereinen.

Seit du von mir gefahren
Singt stets die Nachtigall
Ich denk’ bei ihrem Schall,
Wie wir zusammen waren.

Gott wolle uns vereinen,
Hier spinn’ ich so allein,
Der Mond scheint klar und rein,
Ich sing‘ und möchte weinen!

Foto: Pixabay

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