Feuer Sibylla Schwarz Gedicht Sonett Barock – Gedichtanalyse

Sibylla Schwarz: ISt Lieb ein Feur

Die heutige Gedichtinterpretation von Poesi dreht sich um ein barockes Sonett von Sibylla Schwarz.

Es handelt von der Liebe. In klassisch petrarkistischer Tradition ist die Liebe dem Sprecher (oder der Sprecherin?) eine Qual, ein Leiden. Das Objekt der Liebe wird als ebenso quälend inszeniert. Dafür werden bekannte Motive und rhetorische Mittel des Barock verwendet.

Kurze Auslegungen von Gedichten der deutschen und englischen Literaturgeschichte erscheinen regelmäßig auf diesem Blog. Dabei werden am Text mit Fußnoten schwierige Wendungen und Begriffe erklärt. Anschließend folgen Inhaltsangabe und Gedichtanalyse. Diese und weitere Interpretationen werden auch bald als Lektürehilfen für Schüler, Studierende und andere Interessierte in der App verfügbar sein.


Sibylla Schwarz: ISt Lieb ein Feur

    ISt Lieb ein Feur / und kan das Eisen schmiegen /
bin ich voll Feur / und voller Liebes Pein /
wohrvohn mag doch der Liebsten Hertze seyn?
wans eisern wär / so würd eß mir erliegen /
    wans gülden wär / so würd ichs können biegen
durch meine Gluht; solls aber fleischern seyn /
so schließ ich fort: Eß ist ein fleischern Stein:
doch kan mich nicht ein Stein / wie sie / betriegen.
    Ists dan wie Frost / wie kalter Schnee und Eiß /
wie presst sie dann auß mir den Liebesschweiß?
    Mich deucht: Ihr Herz ist wie die Loorberblätter /
die nicht berührt ein starcker Donnerkeil /
sie / sie verlacht / Cupido1Liebesgott der römischen Mythologie, auch Amor genannt. / deine Pfeil;
und ist befreyt für deinem Donnerwetter.


Interpretation des Gedichts von Sibylla Schwarz

Als Sonett besteht das Gedicht von Sibylla Schwarz aus 14 Versen. Anders als bei anderen Autoren sind diese nicht in Strophen aufgeteilt. Die Quartette sind durch Einrückungen markiert, die eigentlich zu erwartenden Terzette allerdings nicht. Durch die Einrückung vor „Mich deucht“ erscheint es so, als würden die letzten vier Verse eine Gruppe bilden.

Sie tun dies inhaltlich und syntaktisch auch, gehören aber zugleich in den Gesamtzusammenhang der letzten sechs Verse. Diese bilden, wie in vielen klassischen Sonetten, einen Gegensatz oder eine Auflösung von Problemen und Fragestellungen der beiden Quartette. Dieser Gegensatz muss analysiert werden, um das Gedicht als Ganzes zu begreifen.

Die Liebe als Feuer, die Liebe als Eis

In den Quartetten beschreibt der Sprecher die Liebe zu einer „Liebsten“. Seine Liebe sei wie ein Feuer – und er fragt sich, wie wohl seine Geliebte zu diesem Feuer steht. Dafür werden Möglichkeiten auf Basis weiterer Metaphern aus dem Petrarkismus, der klassischen Liebeslyrik der Frühen Neuzeit, übernommen. Das Herz der Geliebten könnte „eisern“ oder „gülden“ sein – ist es aber nicht, denn sie reagiert nicht auf die Liebe. Es muss ein „fleischern Stein“ sein, der nicht auf Feuer reagiert, unbeeindruckt bleibt. Aber auch diese Option wird am Ende des zweiten Quartetts verworfen.

Es beginnt der zweite Teil: Die nächste Möglichkeit ist, dass ihre Liebe „wie Frost / wie kalter Schnee und Eiß“ ist. Dies etabliert den Gegensatz zwischen den Quartetten und Terzetten: hier Feuer, dort Eis. Für den Sprecher entsteht daraus ein Paradox: „wie presst sie dann auß mir den Liebesschweiß?“ – sie ist ja kalt und nicht zum Schwitzen heiß?

Laura, die Unnahbare

Die Antwort liefern nun die vier letzten Verse. Das Herz der Geliebten muss „Loorberblätter[n]“ ähneln. Dies ist eine Anspielung auf das Vorbild und den Namensgeber des Petrarkismus, Francesco Petrarca. Dieser hat seine Liebessonette, denen auch die Motive von Feuer und Eis entstammen, seiner Geliebten Laura gewidmet. Sie hat er lautmalerisch oft auch als „Lorbeer“ bezeichnet, der das Symbol des erfolgreichen Dichters ist.

Wie Laura/Lorbeer bei Petrarca „verlacht“ die Liebste in Schwarz’ Gedicht die Pfeile des Liebesgottes Cupido „und ist befreyt für deinem Donnerwetter.“ Das Sonett endet also mit der schmerzlichen Einsicht, dass die „Liebste“ für den Sprecher ist so wie Petrarcas Laura für diesen war – unerreichbar fern in der Liebe, weil unempfänglich für derartige Gefühle ihm gegenüber.

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Foto: Pixabay

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